Das geweihte Wasser

Alles Wachsen und Gedeihen ist auf die lebensspendende und lebensfördernde Kraft des Wassers angewiesen. Als Grunderfahrung des Menschen spiegelt sich die Verbundenheit mit dem Wasser in zahlreichen Schöpfungsmythen wider, von denen viele das Entstehen der Welt aus dem Urwasser deuten.
Das Wasser gilt von jeher auch als Symbol der sittlichen Reinheit und als Mittel zur geistigen Läuterung. Juden, Moslems und Heiden verwendeten es zu religiösen Waschungen und Besprechungen.

Noch ehrwürdiger ist das geweihte Wasser den Christen; denn am Anfang schwebte der Geist Gottes über dem Wasser (Gen 1,2). Aus dem Wasser und dem Hl. Geist werden die Gläubigen wiedergeboren. (Joh 3,5).

Dem antiken Brauch folgend, wuschen sich die Christen vor dem Gebet und vor dem Eintritt in das Gotteshaus die Hände (Paulus 1; Tim 2,8). Die Kirche heiligte die allgemeine Überzeugung der Menschheit und erhob das Wasser durch die Weihe zum Mittel übernatürlicher Segenskraft. Unter den liturgisch-kirchlichen Weihen ist die Taufwasserweihe die älteste.

Es ist belegt, daß zu Beginn des 9. Jahrhunderts dem Wasser Salz bei der Weihe zugefügt wurde. Die älteste Weiheformel des Wassers ist uns von Serapion v. Thumis (gest. 362) überliefert.

Das Weihwasser wird in Behältern unterschiedlichster Form in Kirchen und Privathäusern aufbewahrt. Noch in jüngster zeit war es üblich, daß in jedem Schlafzimmer eines praktizierenden Katholiken ein Behälter mit Weihwasser hing, das in der Nacht des Karsamstags geweiht wurde.

Literatur Werner Fischer, Sakrale Kunst, Seite 138

Ostensorien

Das Ostensorium diente ursprünglich zur Aufnahme eines „Agnus Dei“, eines mit dem Bild des Gotteslammes versehenen gesegneten Wachstäfelchens.

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Weihwasserbehälter, deutsch, 2. Hälfte 18. Jh., Zinn, gegossen,

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Weihwasserbehälter, deutsch, 2. Hälfte 18. Jh., Zinn, gegossen,

Maße: Höhe 204 mm, Breite max. 110 mm

Weihwasserbehälter mit kleiner Platte in Kartuschenform.

In eine Umrahmung aus C-Bögen und Muschelwerk ist die Darstellung der Trinität in flacher Reliefierung gegossen: Um eine Kugel angeordnet sitzen bzw. stehen Christus und Gott Vater. Christus hält in der linken Hand ein Zepter und die rechte Hand zum Redegestus erhoben. Ein großes Kreuz liegt vorne über seiner rechten Schulter.

Gott Vater ist in der Gestalt eines älteren Mannes mit wallendem Gewand dargestellt. Hinter seinem Haupt kennzeichnet ihn der dreieckige Nimbus. Seine rechte Hand hält er bezeugend nach oben, während er mit der linken Hand auf die Kugel als Symbol des Alls verweist.

Über ihnen schwebt, in Form einer Taube der Heilige Geist (Mose) vor einem querovalen Medaillon mit einem Strahlenkranz. Zwei Engelsköpfe mit Flügelpaaren schauen von links und rechts oberhalb der Taube auf die himmlische Erscheinung herab. Am unteren Ende ist der Weihwasserbehälter angesetzt. Der gekurvte Rand und die gewellte Oberfläche geben dem Behälter die Dynamik einer Drehbewegung. Die gedrehte Linienführung dieses Objekts ist charakteristisch für die Spätphase des Rokoko.

Auf der Rückseite sind Fragmente einer alten Gravur noch sichtbar.

Literatur: Werner Fischer, Sakrale Kunst, Seite 144


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Weihwasserbehälter, Italien, um 1700, Holz, geschnitzt,

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grundiert, Polimentvergoldung, Wachs, Glas, Maße: Höhe 320 mm, Breite 230-240 mm.

Weihwasserbehälter aus grundiertem und mit Blattgold belegtem Holz mit großer Wandplatte im Stil des Barocks.

In die mit barocken Ornamenten (C-Bögen, Rankenlaub und Trauben) plastisch reliefierte Oberfläche der Wandplatte sind fünf ovale, wulstige Rahmen geschnitz und in Kreuzform angeordnet. Sie zeigen hinter verglasten Sichtöffnungen fünf ovale, geprägte Wachsmedaillons unterschiedlicher Größe, sog. Agnus Dei. Es handelt sich bei allen fünf Agnus Dei um Wachstäfelchen, die von Papst Innozenz XII. (12.7.1691 - 28.9.1700) geweiht wurden. Auf den Schauseiten der Medaillons sind die Bildnisse folgender Personen geprägt:

Hl. Liborius - mit der Umschrift S. LIBORIUS EPISCOPUS - INNOC. IXX - PMAX

Mutter Gottes - mit der Umschrift MATER SALVATORIS ORA PRO NOBIS

Christus - mit Umschrift SALVATOR MUNDI SALVA NOS - ROMA

Frauenkopf ohne Umschrift

Hl. Franziskus - mit der Umschrift S. FRAN.

Auf die Rückseiten der Wachsmedaillons ist stets das Lamm Gottes (Agnus Dei) mit der Umschrift geprägt ECCE AGN. DEI QUI TOL. PECC MUNDI (ecce agnus dei, qui tollit peccata mundi = seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt).

Zusätzlich wird der Name des Papstes und das Weihejahr genannt: Innozens XII. PMAI (Pontifex Maximus Anno Jubilaeo) 1692 (Franziskus - Agnus-Dei) und abweichend hiervon Liborius- und

Christus-Agnus-Dei, die mit dem Weihejahr 1700 bezeichnet sind.

Die Prägung im Jahre 1700 fällt aus dem Rhythmus der Weihe, die alle sieben Jahre stattfand, heraus. Sie erweist sich daher als Sonderprägung im Jubeljahr 1700.

Literatur: Werner Fischer, Sakrale Kunst, Seite 140

Geschenk von Dr. Vittorio Cagna, Pinerolo/Italien.

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Weihwasserbehälter mit großer Wandplatte in Kartuschenform, Italien

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18. Jh., Holz geschnitzt, grundiert, Blattversilberung mit Ölvergoldung, Bronze gegossen, Corpus Zink, Maße: Höhe 450 mm, Breite max. 270 mm

Um die ebene Wandplatte legt sich eine geschwungene mit Blattsilber belegte und ölvergoldete Rahmung, die sich an den Seiten zu flügelähnlichen Voluten ausbreitet. Das obere Ende ziert einen muschelförmig ausgeschweiftes Akanthusblatt.

In die Mitte der ebenen Wandplatte ist auf schwarzem Grund und aufgetragenen Goldstrahlen ein flaches Kreuz in lateinischer Form mit der Darstellung des Gekreuzigten in Dreinageltypus gesetzt. Die Arme Jesu Christi sind schräg nach oben gestreckt und im Handteller angenagelt. Sein Kopf mit langem Bart und Haupthaae ist auf die rechte Schulter gesunken. Bekleidet ist er mit einem Lendenschurz, der an der rechten Seite lang herabfällt.

Am unteren Ende der Platte ist in spitz zulaufender Form ein Weihwassertopf angesetzt und innen mit Blei ausgelegt.

Literatur: Werner Fischer, Sakrale Kunst, Seite 142

Geschenk v. Dr. Vittorio Cagna, Pinerolo (Italien),

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weihwassergefaess2Das geweihte Wasser in der Kirche

Beim Betreten einer katholischen Kirche treffen wir sogleich hinter den Eingangstüren ein Becken oder auch einen Kessel mit gefülltem Weihwasser an.

Mit “heiligem Wasser” benetzen wir im Kreuzzeichen Stirn und Brust, Schulter und Schulter. Dabei bedenken wir, dass wir im Wasser getauft wurden und auch oder gerade als Christen immer wieder der Läuterung bedürfen. So kann das Eintauchen der Fingerspitzen in das Weihwasserbecken mehr werden als nur ein gedankenlos geübter Brauch.

Auch das Interreligiöse Museum im Ahlener Goldschmiedehaus zeigt Geräte, die das geweihte Wasser aufnehmen so z.B. ein Henkelgefäß aus dem 19. Jh. in Messing gegossen, im Querschnitt: fünfkantiger, profilierter Korpus mit flacher Rückwand. Boden hohl, an den Seiten viermal 4 Löcher. Darüber in einer abgetreppten Eimerform das eigentliche Gefäß. Ein großzügig geformter Henkel mit Öse dient zum Einhängen in die Wandhaltung.

Maße: Eimer 11 cm hoch, obere Ausladung 6,7 cm,
Henkel mit Öse ca. 12 cm, Gesamthöhe 21,8 cm

 

 

 

 

 

 

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Weihwasserkessel
ca. 21 cm hoch ohne Bügel, Ø ca. 24,5 cm. Kupfer, getrieben.
Aus ausragendem, konischem, hochgefürtem Fuß eine runde gebauchte Form mit zwei Ösen und einem eingehängten, gedrehten Eisengriff.
Reicher Reliefdekor: Auf der Schauseite ein Doppeladler mit dem Datum 1682, seitlich das Lamm Gottes bzw. ein Einhorn mit dem Spruchband: NON VISED VIRTUTE, hinten um den Fuß vegetabiler Dekor. An einigen Stellen Monogramme. A.F. und K.K.
Süddeutschland 1682, Durchmesser ca. 25,5 cm

Für das geweihte Wasser gibt es viele Gefäße, aber es sind keine kirchliche Vorschriften oder Empfehlungen für die Gefäße bekannt. Für die Benutzung von Weihwasser bei Umzügen, Prozessionen aber auch vor und während des Gottesdienstes, der Messe, insbesondere nach gregorianischem Ritus brauchte man tragbare Gefäße. Man verwendete einfache Eimer (Situla), wobei man wegen der Korrosion kaum Eimer aus Eisen wählte. Die Gefäße waren vielfach aus Buntmetallen, teilweise mit christlichen Inschriften und Symbolen geschmückt.

Ein solches Gefäß konnte das Museum im Goldschmiedehaus in Ahlen im deutschen Kunsthandel erwerben.

Der Kessel ist aus Kupfer, handgetrieben. Die verschiedenen Motive sind in das Metall oder aus dem Metall herausziseliert. Das Stirnmotiv zeigt einen Doppeladler mit zwei Kronen. Der Kronenreif ist jeweils mit einem IVI punziert. Die 3 Buchstaben könnten aber auch als Dekor gelten.
Im Christentum ist der Adler das Kennzeichen des Evangelisten Johannes. Sinnbild der Wiedergeburt durch die Taufe, sowie der Himmelfahrt Christi.

Als kaiserliches Wahrzeichen wurde der Adler von Karl dem Großen übernommen und im 12. Jahrhundert zum deutschen Reichswappen.

Im 14. Jahrhundert trat an seine Stelle der Doppeladler, den 1806 das österreichische Kaisertum übernahm. Die russischen Zaren übernahmen den Doppeladler des Oströmischen Reiches.


Links neben dem Adler ist ein Engel mit 2 Fülgeln, und unter den beiden Flügeln des Doppeladlers sind zwei Engel mit jeweils 4 Flügeln (Cherubime) und einer davon mit einem Kreuz auf dem Kopf ziseliert. Cherubime sind Gott dienende Mächte. Im Alten Testament erscheinen sie zuerst. Gott setzte vor den Lustgarten die Cherubime und das feuerzuckende Schwert, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen. Das Bundeszelt hatte einen Cherubim an beiden Enden der Lade. In ihrer Kraft (Stierleib) und Schnelligkeit (Flügel) versinnbildlichten sie die Allmacht und Allgegenwart Gottes.

Ein Einhorn, mit seinem Horn auf ein Fabeltier stoßend, hat in seinem Umfeld noch eine Kröte und einen Wurm. Das Einhorn galt in der frühchristlichen Zeit als Sinnbild gewaltiger Kraft auf Christus bezogen; später auch als Sinnbild der Keuschheit, da es seine Wildheit verliere, wenn es sein Haupt einer Jungfrau in den Schoß lege. (Jungfrau Maria)

Das Einhorn ist auch ein Attribut der hl. Justina und das Wappentier von Schwäbisch Gmünd. Sternbild der Äquatorzone. Unter dem Einhorn zwischen den Vorderbeinen und unter dem Bauch ist jeweils ein K. ziseliert. Darunter in einem Rahmen in Versalien die Buchstaben NON VISED und darunter noch VIRTUTE. Hinter dem Einhorn ist eine Fantasiepflanze und ein Fantasiebaum zieseliert. Der zarte Baumstamm mit starkem Wurzelwerk endet in einer Kreuzblume. Danach folgt ein Blumenarrangement und eine Palme. Ein Lamm mit einer Fahne beschließt den Bilderzyklus. Agnus Dei = Lamm Gottes. Symbolische Darstellung Christi als Lamm mit Kreuzfahne. Auf Grund von Schriftangaben von Anfang an eines der geläufigsten Symbole der christlichen Kunst, und zwar des Erlösers in seinem sühnenden Kreuzestod. Attribut des guten Hirten. Wappentier der Fleischer.

Der Henkel des Kessels ist aus Eisen, gedreht als Halbbügel, in der Mitte ausgeschmiedet und mit einem Loch versehen, in dem sich beweglich ein Haken mit Öse befindet. Dieser Aufhänger zeigt eindeutig, dass der Weihwasserkessel kein Standgefäß war, sondern

an einem Wandhaken befestigt war.

Der Kessel ist von hohem musealem Rang, da er zu den seltenen Gefäßen zählt mit einer umlaufenden ziselierten Bildgeschichte. Auch die kunsthandwerkliche Ausführung ist von guter Qualität sowie auch der Erhaltungszustand. Das Interreligiöse Museum im Ahlener Goldschmiedehaus ist stolz darauf, seinen Besuchern ein solch einmaliges Teil zeigen zu können.

Adler: Der neue Brockhaus Band 1 Seite 20, Kirchliches Handlexikon Seite 61,

Einhorn: Band 2 Seite 23, Kirchliches Handlexikon Seite 1258, Lamm Gottes: Kirchliches Handlexikon Seite 549

Weihwassertöpfchen - auch Weihwasserkesselchen genannt,

(Biskuit)-Porzellan, 195 mm hoch, 19./20. Jh.

Weihwasser

Motive der vorderen Wandplatte: Im weißgrundigen äußeren Rahmen mit Goldfadenumrandung befindet sich ein Loch, von dem ein Sprung ausgeht, der auf der Rückseite seine ganze Länge zeigt.
An beiden Seiten der Öffnung befinden sich Darstellungen von Rosenbuketts. Die innere Freifläche ist mit grüner Farbe gestrichen, die gleichzeitig als Umrandung für die plastische Figur der Gottesmutter mit dem Jesuskind dient.

Die Gottesmutter Maria mit langem, lockigem Haar, auf dem Haupt eine Krone tragend, ist mit einem wallenden Mantel und Unterkleid bekleidet. Auf ihren Armen stützt sie das Jesuskind, das die Arme zu einer Willkommenshaltung ausstreckt. Zur besonderen Deko befinden sich sowohl bei der Gottesmutter als auch beim Jesuskind goldene Kügelchen auf den Gewändern.

Das hervorspringende Kesselchen, das das Weihwasser aufnimmt, ist mit einem Kreuz mit einer Goldfadenumrandung und einer Rosengirlande versehen.


Im Kesselchen befindet sich im Porzellan die Zahl 3248. Am Loch für die Aufhängung sind leider kleine Ausbrüche im Porzellan.

Das Weihwassertöpfchen wurde dem Museums-Leiter Werner Fischer von Frau Gabriele Moser-Osthoff am 16. Mai 2013 geschenkt.

weihwasserwedel     

Weihwasserwedel, Aspergill um 1700, Bronze u. Kupfer

 

Weihwasserwedel (lat. aspergillum, aspergere = bespritzen), Weihwasser-Sprenger mit Stab und perforierter Hohlkugel als Sprengelkopf, Bronze, Gelbguß, Kupfer, getrieben, ziseliert. Maße: Stablänge 281 mm, Durchmesser des Sprengelkopfes 60mm.

Asperges lat. aspergere: „besprengen“ bezeichnet sowohl in der katholischen und der anglikanischen Kirche den Begleitgesang zum sonntäglichen Taufgedächtnis, bei dem der Priester die Gemeinde mit geweihten Wasser besprengt. Die Empfänger bekreuzigen sich dabei zum Gedächtnis an die eigene Taufe und als Bitte um Erneuerung der Taufgnade und damit um Vergebung der Sünden.

Von der Wiege bis zur Bahre begleitet den katholischen Christen das Weihwasser

Auf einem massiven, gezwirbelten Rundstab, der durch Profilringe unterbrochen und gegliedert wird, sitzt eine leicht gestauchte Hohlkugel, die durch eine kräftige Platte in der Mitte in zwei Hälften unterteilt ist. Um den Stabansatz legt sich in der unteren Hälfte ein ziselierter Fries aus sich überdeckenden, lanzenförmigen Blättern.

Die obere Hälfte ist von Durchbrüchen unterschiedlicher Größe unsystematisch perforiert.
Die beiden Halbkugeln sind mit Zinn zusammen gelötet.
Man kann davon ausgehen, dass früher die beiden Halbkugeln geöffnet werden konnten, um ein Schwämmchen oder ein wasseraufsaugendes Material aufnehmen zu können, damit beim Segensgestus genügend Weihwasser vorhanden war.

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