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Weihwasserkessel
ca. 21 cm hoch ohne Bügel, Ø ca. 24,5 cm. Kupfer, getrieben.
Aus ausragendem, konischem, hochgefürtem Fuß eine runde gebauchte Form mit zwei Ösen und einem eingehängten, gedrehten Eisengriff.
Reicher Reliefdekor: Auf der Schauseite ein Doppeladler mit dem Datum 1682, seitlich das Lamm Gottes bzw. ein Einhorn mit dem Spruchband: NON VISED VIRTUTE, hinten um den Fuß vegetabiler Dekor. An einigen Stellen Monogramme. A.F. und K.K.
Süddeutschland 1682, Durchmesser ca. 25,5 cm

Für das geweihte Wasser gibt es viele Gefäße, aber es sind keine kirchliche Vorschriften oder Empfehlungen für die Gefäße bekannt. Für die Benutzung von Weihwasser bei Umzügen, Prozessionen aber auch vor und während des Gottesdienstes, der Messe, insbesondere nach gregorianischem Ritus brauchte man tragbare Gefäße. Man verwendete einfache Eimer (Situla), wobei man wegen der Korrosion kaum Eimer aus Eisen wählte. Die Gefäße waren vielfach aus Buntmetallen, teilweise mit christlichen Inschriften und Symbolen geschmückt.

Ein solches Gefäß konnte das Museum im Goldschmiedehaus in Ahlen im deutschen Kunsthandel erwerben.

Der Kessel ist aus Kupfer, handgetrieben. Die verschiedenen Motive sind in das Metall oder aus dem Metall herausziseliert. Das Stirnmotiv zeigt einen Doppeladler mit zwei Kronen. Der Kronenreif ist jeweils mit einem IVI punziert. Die 3 Buchstaben könnten aber auch als Dekor gelten.
Im Christentum ist der Adler das Kennzeichen des Evangelisten Johannes. Sinnbild der Wiedergeburt durch die Taufe, sowie der Himmelfahrt Christi.

Als kaiserliches Wahrzeichen wurde der Adler von Karl dem Großen übernommen und im 12. Jahrhundert zum deutschen Reichswappen.

Im 14. Jahrhundert trat an seine Stelle der Doppeladler, den 1806 das österreichische Kaisertum übernahm. Die russischen Zaren übernahmen den Doppeladler des Oströmischen Reiches.


Links neben dem Adler ist ein Engel mit 2 Fülgeln, und unter den beiden Flügeln des Doppeladlers sind zwei Engel mit jeweils 4 Flügeln (Cherubime) und einer davon mit einem Kreuz auf dem Kopf ziseliert. Cherubime sind Gott dienende Mächte. Im Alten Testament erscheinen sie zuerst. Gott setzte vor den Lustgarten die Cherubime und das feuerzuckende Schwert, um den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen. Das Bundeszelt hatte einen Cherubim an beiden Enden der Lade. In ihrer Kraft (Stierleib) und Schnelligkeit (Flügel) versinnbildlichten sie die Allmacht und Allgegenwart Gottes.

Ein Einhorn, mit seinem Horn auf ein Fabeltier stoßend, hat in seinem Umfeld noch eine Kröte und einen Wurm. Das Einhorn galt in der frühchristlichen Zeit als Sinnbild gewaltiger Kraft auf Christus bezogen; später auch als Sinnbild der Keuschheit, da es seine Wildheit verliere, wenn es sein Haupt einer Jungfrau in den Schoß lege. (Jungfrau Maria)

Das Einhorn ist auch ein Attribut der hl. Justina und das Wappentier von Schwäbisch Gmünd. Sternbild der Äquatorzone. Unter dem Einhorn zwischen den Vorderbeinen und unter dem Bauch ist jeweils ein K. ziseliert. Darunter in einem Rahmen in Versalien die Buchstaben NON VISED und darunter noch VIRTUTE. Hinter dem Einhorn ist eine Fantasiepflanze und ein Fantasiebaum zieseliert. Der zarte Baumstamm mit starkem Wurzelwerk endet in einer Kreuzblume. Danach folgt ein Blumenarrangement und eine Palme. Ein Lamm mit einer Fahne beschließt den Bilderzyklus. Agnus Dei = Lamm Gottes. Symbolische Darstellung Christi als Lamm mit Kreuzfahne. Auf Grund von Schriftangaben von Anfang an eines der geläufigsten Symbole der christlichen Kunst, und zwar des Erlösers in seinem sühnenden Kreuzestod. Attribut des guten Hirten. Wappentier der Fleischer.

Der Henkel des Kessels ist aus Eisen, gedreht als Halbbügel, in der Mitte ausgeschmiedet und mit einem Loch versehen, in dem sich beweglich ein Haken mit Öse befindet. Dieser Aufhänger zeigt eindeutig, dass der Weihwasserkessel kein Standgefäß war, sondern

an einem Wandhaken befestigt war.

Der Kessel ist von hohem musealem Rang, da er zu den seltenen Gefäßen zählt mit einer umlaufenden ziselierten Bildgeschichte. Auch die kunsthandwerkliche Ausführung ist von guter Qualität sowie auch der Erhaltungszustand. Das Interreligiöse Museum im Ahlener Goldschmiedehaus ist stolz darauf, seinen Besuchern ein solch einmaliges Teil zeigen zu können.

Adler: Der neue Brockhaus Band 1 Seite 20, Kirchliches Handlexikon Seite 61,

Einhorn: Band 2 Seite 23, Kirchliches Handlexikon Seite 1258, Lamm Gottes: Kirchliches Handlexikon Seite 549