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Monstranz

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Spanien, um 1600, Kupfer, vergoldet, gegossen, punziert

Maße: Höhe 600 mm, Durchmesser der Fußes 195 mm, Marken: keine

Strahlenmonstranz mit Ständer im spanischen Herrera-Stil.

Die hohe, durch horizontale und vertikale Linienführung streng wirkende Monstranz ruht auf einem großen, runden Fuß mit glatter Zarge. Die Oberfläche ist flach gewölbt und durch einen starken, kantigen Profilring gegliedert. Fein gepunzte Ornamentierungen überziehen den ganzen Fuß. Auf der Außenkante sind vier Engelsköpfe mit Flügelpaar aufgeschraubt. Der große, massive Schaft ist durch zahlreiche Profilierungen und Kehlungen gegliedert. Der Nodus, in Vasenform gestaltet, zieren vertikale Leisten, so daß den horizontalen Gliederungen des Schaftes ein spannungsreicher Kontrast entgegengesetzt wird. Alle Teile des Schaftes sind mit einer gepunzten Ornamentierung versehen.

Der Ansatz zum scheibenförmigen Schaugefäß bildet eine kleine Vase. Ein schmaler, glatter Rand umrahmt das Gefäß. Die verglasten Schauseiten umschließen die Lunula, die von hinten durch eine Öffnung mit Scharniergelenk entnommen werden kann.

Ausgehend von der Mitte wird das Gefäß umkreist und eingefaßt von einem Flammen- und Strahlenkranz, der mit siebenzackigen Sternen an den Enden versehen ist. Als Bekrönung dient der Monstranz ein Kreuz, dessen Balken über Eck gestellt und an den Enden mit Kugel und Abschlußlatte verziert sind. Der Sockel des Kreuzes nimmt das Motiv der kleinen Vase wieder auf.

Wie bei allen anderen Teilen der Monstranz, so findet sich auch hier im Strahlenkranz und in der Bekrönung das feingliedrige, gepunzte Ornament wieder.

Dieses Ornament überzieht die Strenge des Gesamtbildes der Monstranz mit einem feinen Netz der Auflockerung, ohne die horizontale und vertikale Linienführung des Werkes zu beeinträchtigen oder gar aufzulösen.

Die dadurch entstehende sehr herbe Erscheinung der Monstranz ist charakteristisch für eine Stilrichtung zur Zeit des Barocks in Spanien, die als "Herrera-Stil" Eingang in die Stilgeschichte gefunden hat.

Wilfried Koch schreibt in seinem Buch "Baustilkunde" auf Seite 454

"Herrera-Stil", nach Juan de Herrera, 1530-97, benannter offizieller Baustil zur Regierungszeit Philipp II., eine strenge Version der italienischen Renaissance, der wegen seines sparsamen Dekors auch "Desornamentado-Stil" genannt wird.

Herreras Hauptwerk ist die Schloß- und Klosteranlage Escorial in San Lorenzo/Region Madrid.

Auf einer Kunst- und Pilgerreise 2004 in Spanien auf dem Weg nach Compostela konnten wir in den Schatzkammern verschiedenen Kathedralen Monstranzen im Herrera-Stil besichtigen, die die gleichen Stilelemente aufweisen wie die sich im Interreligiösen Museum befindliche Monstranz.

Literatur: Sakrale Kunst von Werner Fischer Seite 50/51


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