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Dierk Hartleb berichtet auf der Kreisseite Warendorf Ahlener Volkszeitung vom 02.08.2012: 

Er sammelt auch Bombensplitter

Werner Fischer: Goldschmiedemeister aus Ahlen baute Interreligiöses Museum auf.

Von Dierk Hartleb

AHLEN. „Man muss immer etwas weniger wollen, als möglich ist." Sagt einer, der im Leben alles erreicht hat. Bei dem Wort alles schreckt Werner Fischer auf und schüttelt den Kopf. Der 82-jährige Ahlener ist bescheiden genug, um zu wissen, dass es niemanden gibt, dem alles gelingt.

Wer sich mit dem agilen Goldschmiedemeister verabreden will, tut dies am besten in „seinem" Museum. Das Interreligiöse Museum im Goldschmiedehaus Ahlen, das er zusammen mit seiner Frau Annie aufgebaut und kontinuierlich erweitert hat ist in der Region einzigartig. Nicht nur, weil Fischer die hier versammelten sakralen Gegenstände und Zeitmesser aus den verschiedensten Epochen aus eigener Tasche erworben und gekauft hat, sondern weil aus der Kollektion mit ursprünglich rein christlichem Charakter eine Interreligiöse Ausstellung geworden ist, die jüdische Kultgegenstände ebenso umfasst wie Kultisches aus dem Islam und dem Buddhismus. In der jährlichen Veranstaltungsreihe der deutsch-jüdische Gesellschaften zur „Woche der Brüderlichkeit", die auch in Ahlen mit lokalen Akteuren stattfindet, ist das private Museum seit Jahren ein unverzichtbarer Veranstaltungsort.

Angefangen zu sammeln hat Werner Fischer schon mit jungen Jahren. Im elterlichen Haus in Hopsten hatte er auf dem Dachboden ein Museum eingerichtet. Erstes Ausstellungsstück war ein Bombensplitter, der auch in seinem heutigen Museum Platz gefunden hat, und zwei Reh laufe, die er seinen Eltern und Freunden stolz vorführte.

„Ich suche immer das Seltene und Außergewöhnliche", beschreibt Fischer seine Sammlerleidenschaft. Deshalb interessiert ihn nicht das Bischofskreuz, das sich in jeder halbwegs gut sortierten Schatzkammer findet. Sondern zum Beispiel das Kreuz das eine Oberin trägt. Ein besonders schönes Exemplar, das sich öffnen lässt, und dass eine Uhr im Inneren verbirgt.

Seitdem sich Fischer aus dem Juweliergeschäft zurückgezogen und seinem Sohn Raphael übergehen hat, kümmert sich der Goldschmiedemeister nur noch um sein Museum. Dabei hat Fischer auch an anderer Stelle in der Stadt hinterlassen. Nur ein Steinwurf vom Goldschmiedehaus entfernt steht die Europäische Akademie der Juweliere, Gold-und Silberschmiede, die 1975 als Fortbildungszentrum für Gold- und Silberschmiede gegründet wurde, und deren Fort- und Ausbildungskurse seitdem jährlich von 300 bis 400 Gold- und Silberschmieden aus der ganzen Bundesrepublik besucht worden ist. „Das Zentrum ist ein Glücksfall für Ahlen", sagt Fischer.

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Dieses Versehkreuz mit Chrisamgefäß, das zur Aufbewahrung der Sterbesakramente dient, zählt Goldschmiedemeister Werner Fischer zu seinen Lieblingsobjekten. Foto: Baldauf 

»Ich suche immer das Seltene und Außergewöhnliche.«

-Werner Fischer.

Darüber hinaus nahm Fischer innerhalb seines Berufsverbsandes ehrenamtlich wichtige Aufgaben wahr. Von 1971 bis 1980 war er Präsident des Zentralverbandes für das Juwelier, Gold-und Silberschmiedehandwerk in der Bundesrepublik.

Zuvor war er zweimal ehrenamtlicher Obermeister der Goldschmiede-Innung Münster, das erste Mal von 1957 bis 1963 und ein zweites Mal von 1966 bis 1971. Für seine Verdienste wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Erst im vergangenen Jahr erhielt er den Wirtschaftspreis der Stadt Ahlen. Einmal Goldschmied, immer Goldschmied.

Die Freude am Umgang mit Schmuck und am Entwerfen ist nach wie vor vorhanden, die Ausführung überlässt er seinem Sohn. „Schmuck ist eine Art Orden", doziert er, der öffentlich getragen wird. Und er freut sich, wenn Kunden einen Ring oder eine Kette tragen, die er für sie geschaffen hat.

Auf den 1973 in Münster zwischen Israel und Deutschland geschlossenen Vertrag über die berufliche Fortbildung deutscher und israelischer Goldschmiede ist Fischer bis heute besonderen stolz, weil es ihm dabei auch um den interreligiösenDialog ging.#

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