Kultgerät „wandert" von Ahlen nach Paderborn
Goldschmiedemuseum verleiht Tora-Schild für Ausstellung
-pes- Ahlen. Die zeitweilige Trennung vom Tora-Schild von Paderborn fiel dem Leiter des Museums sichtlich schwer, aber für die Ausstellung „Ausgegrenzt und ausgelöscht" im Paderborner Stadtmuseum trennte sich der Inhaber des Goldschmiedemuseums von seinem Schmuckstück. Zur Ausstellung in der Bischofsstadt holte Markus Runte, Leiter des Museums, den Schild in Ahlen ab.
Aber was ist eigentlich ein Tora-Schild? Das erklärte Werner Fischer: „Für die Christen ist das wichtigste Buch die Bibel, für die Juden die Tora. In hebräischer Schrift sind von Hand die fünf Bücher Mose abgeschrieben. Die Torarolle, aus dem Leder von koscheren Tieren, befindet sich in der Synagoge in dem dafür vorgesehenen Tora-Schrank.
Beim Gottesdienst wird sie zur „Bima", dem Lesepult in der Mitte der Synagoge getragen und es werden Passagen daraus vorgelesen.
Die Tora-Rolle wird aus Respekt und Achtung beim Lesen nicht berührt. Zur Orientierung beim Lesen dient ein „Jad" - auch Torazeiger genannt.
Die Tora wird ummantelt mit einer kostbaren Stoffhülle, die bestickt ist und Auskunft gibt, wann und von wem sie in Dankbarkeit gestiftet wurde.
Vor diesem Mantel hängt ein Schild, oftmals aus wertvollem Silber geschaffen, das u.a. auf vier jüdische Festtage verweist und noch andere Bedeutungen hat.
Bei den Synagogenschändungen wurden viele jüdische Kultgegenstände vernichtet. Andere wiederum gerieten heimlich ins Ausland. So auch das Toraschild von Paderborn, das von Tschechien aus nach Heilbronn zurückgelangte. Dort machte Werner Fischer es ausfindig und erwarb es 1999 für das Museum im Goldschmiedehaus Ahlen.
„Es geht um die Geschichte der Paderborner Juden in den Jahren 1933 bis 1945", sagt der Museumsleiter. Der Schild wurde von der jüdischen Familie Grünebaum gestiftet. Ida Grünebaum geb. Weyl war Paderbornerin und ist auf dem jüdischen Friedhof der ostwestfälischen Stadt beerdigt. „Zusammen mit der Historikerin Dr. Margit Naarmann konnten wir die Stationen des Schildes nachvollziehen", erklärt Werner Fischer bei der offiziellen Übergabe. Gefertigt wurde der silberne Schild von Goldschmiedemeister Josef Leggen in Paderborn im Auftrage des Berliner Bankdirektors Grünebaum, Ida Weyl's Ehemann.
„Es gibt heute bedauerlicherweise sehr wenige Kultgegenstände aus deutschen Synagogen" macht Goldschmiedemeister Fischer deutlich. Gerade für ihn mit seiner umfangreichen Sammlung jüdischer Kultgeräte, die auch nach Anmeldung zu besichtigen ist, hat dieser Toraschild eine besondere Bedeutung. „Neben einem Sederteller (1779) aus Nottuln und dem Toraschild aus Paderborn sind es jüdische Kultgeräte aus unserer Region mit hoher Symbolkraft" führt Fischer aus.
Die Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum - sie läuft vom 13. November bis zum 11. Februar 2009 erzählt vor allem durch Briefe, Dokumente, Berichte und Fotos den Lebens- und Leidensweg jüdischer Familien unter dem Nazi-Terror. „Mit der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 steigert sich die zunehmende Ausgrenzung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung" macht Markus Runte deutlich. Er erzählt vom lapidar technischen Sprachgebrauch in den Diensttagebüchern. Da wird von einer Bürgerin gesprochen, die als Jüdin deportiert wurde, aber die Deportation verzögerte sich. „Da sich die Frau, so steht es im Bericht, mehrfach übergeben mußte", zitiert der Ausstellungsmacher.
Da die etwa 40 - 50 Dokumente und etwa eben so viele Fotos umfassende Ausstellung sonst kaum Einheimisches vom jüdischen Glaubensleben hat, ist der Toraschild für die Paderborner so wichtig. „Vielleicht können wir Sie ja zu einer Dauerleihgabe überreden", hofft Runte. Doch Werner Fischer winkt ab.
Infos zur Ausstellung gibt es unter Tel. 0521/882 35 01. Paderborn.de/Stadtmuseum