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Der Charme jiddischer Musik

In der „Ahlener Zeitung" vom 2. März 2009 berichtet Dierk Hartleb auf Seite 1.

Ahlen. Es war ein furioses Event, die Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit.
Im Museum im Goldschmiedehaus entführten das Duo „Walju" und „Möttes Band"
das Publikum in die Welt der jiddischen Lieder, die mit ihrem besonderen Charme
bestachen.
  



Die jiddische Kultur lebt - auch in Musik
„Woche der Brüderlichkeit eröffnet"


von Dierk Hartleb

Ahlen. Einen fulminaten Auftakt der Woche der Brüderlichkeit erlebten die Besucher, die am Samstagabend an der Eröffnung im Museum im Goldschmiedehaus teilnahmen. Sie hatten das Vergnügen, „die Geburt eines gemischten Sextetts zu erleben", wie es Hausherr Werner Fischer in seiner Begrüßung formulierte: ein weibliches Duo, bestehend aus Roswitha Dasch und Katharina Müther, sowie aus vier „starke Männer", besser bekannt als „Möttes Band".

Doch bevor „Möttes Band" und das Duo „Walju" gefragt waren, oblag es Bürgermeister Benedikt Ruhmöller, die „Woche der Brüderlichkeit" zu eröffnen.

Die Eröffnung stand allerdings ganz im Zeigen der jiddischen Musik des Aufeinandertreffens zweier Musikgruppen, die sich erst nachmittags getroffen hatten, um gemeinsam einige Stücke einzustudieren.

Das Ergebnis dieser Begegnung waren eineinhalb Stunden pure Lebensfreude. Ganz nebenbei lernten die knapp 80 Zuschauer vieles über jiddische Sprache und Kultur. Zum Beispiel, dass das Jiddische aus dem Mittelhochdeutschen entlehnt ist und seinen Ursprung im Raum Speyer-Köln hatte, wie Axel Ronig, Lead-Sänger in „Möttes Band" , das Publikum wissen ließ.

Vor jedem Lied gab es fortan immer ein paar Hinweise auf den Inhalt. Wobei sich das Gehörte auch ohne Vorkenntnisse schnell erschloss, was passiert, wenn der junge Mann, der Bocher, das Mädchen trifft, das Margeriten pflückt, und er die schönste Blüte für sich besitzen will.

Auch das von Marc Chagall in seinen Bildern so treffend beschriebene „Schtetl" (Städtlein) besangen Reiner Jenkel, Thomas „Mötte" Gerullis und Jürgen Vogel. Wunderbar, wie „Mötte" in einem Lied die Geige lachen und weinen ließ.

Mit Walzerklängen kamen dann Dasch und Müther auf die Bühne, die im Zusammenspiel die Pause einläuteten. Mit den beiden Künstlerinnen tauchte das Publikum tief in die jiddische Kultur Osteuropas ein und genoss das Getratsche am Rande einer Hochzeit ebenso wie den jiddischen Blues oder das leicht schwermütige Lied vom Herbst.

Zum Abschluss wollten die Zuschauer noch einmal das neue Ensemble hören, das sich nahezu perfekt aufeinander eingespielt hatte und sich mit gegenseitigem Respekt auf der Bühne begegnete.

 

 
 



 

Das Ahlener Tageblatt, die Glocke, berichtete am 2. März 2009

Jiddische Musik stimmt Zuhörer auf Dialog ein

(anna) Das Publikum sang den letzten Refrain noch selig weiter, während sich die Musiker von der Bühne machten. Sonst hätte der jiddische Abend am Samstag im Goldschmiedemuseum Fischer wohl noch länger gedauert. Denn das Duo Roswitha Dasch und Katharina Müther sorgte zusammen mit Möttes Band für einen musikalischen Genuss, der auch nach eineinhalb Stunden noch anhielt.

Zu Beginn hatte Hausherr Werner Fischer die Gäste begrüßt. Er dankte Rudolf Blauth, Leiter der Volkshochschule, und seinen Helfern für die Organisation des jiddischen Abends. Auch Bürgermeister Benedikt Ruhmöller zeigte sich erfreut über die musikalische Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit, die am Sonntag auch bundesweit begann. Das Museum im Goldschmiedehaus sei wie kein anderer Raum für diese Veranstaltung geeignet, da es sich „in ganz besonderer Weise dem christlich-jüdischen und dem interreligiösen Dialog" widme, sagte der Bürgermeister.

Möttes Band läutete das Konzert mit einem jiddischen Liebeslied ein. Sänger und Gitarrist Axel Ronig war von Rudolf Blauth gebeten worden, eine Volkshochschulstunde in jiddisch abzuhalten. Und so vermittelte er zwischen den Liedern allerlei Wissenswertes über die Sprache: dass die Juden neben ihrer Alltagssprache Jiddisch zumeist auch Hebräisch und die jeweilige Landessprache sprechen und dass einige Wörter wie mies, meschugge oder pleite aus dem Jiddischen in den deutschen Sprachschatz übernommen worden sind. Thomas „Mötte" Gerullis wußte das Publikum zu unterhalten, indem er seine Geige, lachende, weinende und sogar schnarchende Laute entlockte.

Zu den „vier starken Männern aus Ahlen", wie es Werner Fischer anfangs ausdrückte, gesellten sich die Virtuosinnen Roswitha Dasch und Katharina Müther mit Geige, Gesang und Akkordeon. Das so entstandene Sextett, das sich erst am Nachmittag kennen gelernt hatte, brauchte nur ein paar Takte, um das Publikum von seinem Können zu überzeugen.

Nach der Pause gehörte die Bühne den beiden Musikerinnen allein. Sie begeisterten als Duo „Wajlu" mit kreativem Rollenspiel in Anlehnung an das jiddische Theater. Ob temperamentvoll oder wild wie beim russischen Walzer oder zart und sinnlich wie beim Herbstlied - das Duo überzeugt mit Ausstrahlung.

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